STRATEGIEN

DER SCHRIFT

 

KUNSTRAUSCH antwortet! MedienMutationen im radiophonen SEKTOR BERLIN 1989

 

 

Egomanisch lancierte FALSCHHEITEN

Die Halluzinationen Die Gifte Die Verwirrungen. Darum muß man sei­nen (kleinen) "Feinden" zuweilen zei­gen, daß wir sie (und sie uns) noch immer lieben! Wie uns das mit einem winzigen Sandkastensreich aus der Trickkiste der Falschheiten gelungen ist, zerrt der hier gedruckte (!) kunstRAUSCHkommentar über eine 3-Satz-Postille inkel Beipack 798/799 aus dem headquarter der MINERVA ans Licht, in der "kurz & knapp" so alles falsch ist, was man in der sog. Kunst/Literatur/Scene-Metropole Berlin falsch machen kann und - steht dahin­ter nicht eine komplexe provokative Idee - WAS MAN UNTER KEIN­STEN UMSTÄNDEN FALSCH MACHEN SOLLTE - nämlich sich über den eigenen Klee loben, zu spre­chen von Geschichtsträchtigkeiten und vom eigenen Genie. Ha. Verschlüsselt hatten wir mit BÖSES BLUT gewarnt: JETZT REDEN WIR MIT TÜCKI­SCHER ZUNGE - GLAUBT UNS NICHTS ! Das alles erschien uns wie eine
Übung. Schon deshalb wäre jeg­licher Zorn fürchterlich dumm, und UNSER HOCHMUT VERZEIHT AUCH DASS BRIEFE GEHEIM­NISSE SIND !

 

Genug. Nur noch Unwesentliches für eine Fußnote. Es gab Vorgeschichten, Gespräche, Telefonate, Mittelsfrauen - nur wußte bei K-RAUSCH von RADIO 100 nach erster Freude mit MINERVA außer mit dem Paul Virilio-Gespräch niemand nichts anzufangen und wir ahnten, daß es von der Seite nie nicht schlagkräftige Vernichtungsurteile gegen/über MINERVA geben würde. Als dann eine ganze Vollstunde den äußerst wichtigen 'kunstwerken' taz & bz lie­bevoll gewidmet wurde, notierten wir im INTERN/EXTERN 798/799 noch unauffällig: "Was ist los ? Hält das Nervenkostüm nicht mehr ? Zerreisßen die Eingeweide am Rande einer geschwätzigen Kunstrauschsen­dung ? Man versteht überhaupt nichts. Wird man in der schnellen Verpackung des Feuilletons nicht zum Greis ?" headquarter MINERVA

 

KUNSTrausch antwortet: Sender: MINERVA, Untertitel "Zeit­schrift für Notwehr und Philosophie". Minerva, das ist die römische Variante der Athene, Göttin der Weis- und Klugheit und steht auch für den intel­ligentesten der Vögel, die Eule, die bekanntlich nicht nach Athen getragen werden braucht, was nicht heißt, daß sie in Berlin Nachtflug-verbot be­kommen hätte, wo hier doch schon keine Starfighter abstürzen konnten.

Also, Absender: MINERVA Zeit­schrift für Notwehr und Philosophie, die gleich mit dem Namen eine hoch­gestochene Programmatik okkupiert, die sich zwar selber über den Stil loben darf, aber Aircondition hat, wenn es vor Selbstlob stinken tut. Zuviel des Schlechten in den Namen hineingedichtet, soviel Ungemach für etwas, das vielleicht als einmaliges Wegrutschen ins Himmelhohe noch just durchgehen kann. Abwarten, Tee trinken, und weiterlesen!

 

Adressat: An die KUNST - großge­schrieben - räuschler - kleingeschrie­ben. Das meint, daß die große Kunst getrennt werden muß von den klein­rauschenden, also uns Radiofritzen und -Fridas, sozusagen per Orthogra­phie den polemischen Gedanken hochputscht. Nicht besonders origi­nell, ich bin schon besser beschimpft worden. Wenigstens ist die Adresse richtig. Los gehts.

 

"Liebe KUNSTräuschler, wir wissen ja, ihr mögt uns nicht besonders, oder könnt mit unseren Druckschaften nicht allzuviel anfangen, ist ja auch viel schwieriger als eine BZ oder taz-Rezension."

 

Falsch, ganz falsch. Drei Fehler in einem Gedanken. 1. Wissen wir nicht, ob wir Euch mö­gen oder nicht, haben schließlich noch nicht per Du, entre nous, oder sonst­wie privatissime im Austausch ge­standen. Von mögen oder nicht mögen kann also keine Rede sein. Es gibt Einhalt. Sowas kann man zur Kenntnis nehmen oder auch nicht. Daß wir mit Euren Druckschaften oder Pressewer­ken nichts anfangen könnten, haut auch nicht hin. Wir haben immerhin einigemale herzlichst gelacht beim gegenseitigen Vorlesen Eurer Zeit­schrift. Besonders bei jenen kühnen Würfen jenseits der Eigentlichkeit, die den Alltag adoleszenz zu promovie­ren suchten und kurzstrecks auf den Schock hofften, der das letzte Mal vor zehn Jahren gemacht wurde. Immer daran denken: Schocks werden im Fünfjahresrhythmus produziert. Wer zu spät kommt, hat die Lacher auf der anderen Seite. Der Film beispiels­weise, um dem texanischen Massaker universitäre Weihe zu verleihen, in dem man durchs belichtete Zelluloid die neuere, auch schon im Altern be­findliche französische Philosophie zieht, 'ne Menge Literatur rankleistert, hat was von einer kulturkritischen Brechstange, deren Hebelkraft grad mal noch mit der Erkenntnis zu ver­gleichen ist, daß Comics auch unter Kultur fällt. Soweit das.

Daß es schwieriger sei, über die MINERVA zu reden, als über BZ und taz, halten wir für ein Gerücht. Zu­mindest in der BZ steckt mehr kom­plexe Wirklichkeit als sie im gut inneneingerichteten Rotlichtbezirk der Winkelphilosophie geahnt wird. Wo ist die Entsubjektivierung deutlicher auszumachen als auf den Titelseiten, auf denen täglich das bürgerliche Subjekt nach Germanenart ausgestellt, verurteilt und hingerichtet wird. Die­ses ganze Überhöhen der Wichtigkeit im Namen MINERVA in der Schwie­rigkeit des Verstehens, die man sich selber andichtet, wird auf den prallen Luftballon gebracht, der ja umsomehr Volumen hat, als in ihn hineingepustet wird, in den nächsten Sätzen des Brie­fes. Ich zitiere: "Nachdem wir am 10. Mai bei Euch eine der genialsten" - ja doch, das steht so da - "eine der genialsten Nachtflugsendungen ausge­strahlt haben, was" weiter im Text "was wohl eine Seltenheit in der Radiogeschichte war" soweit das Zitat. Zur Nachtflugsendung nur so­viel:

Selten war sie schon - unter genial stell ich mir allerdings nicht vor, daß junge Menschen verlorenen Gedanken hinterherfieseln, um das vermeintlich geniale Künstler-Ich herauszustellen, welches bekanntlich früh stirbt und deshalb noch was für die Ewigkeit be­sorgen muß. Und wenn einen schon andere nicht für genial halten, tut es gut, daß man sich selber in die Ge­schichte eingehen sieht. Wer sich sol­chermaßen allseits toll und für richtig knorke hält, dem empfehlen wir den Kauf eines Spiegels, um dem kruden Narziß ins Gesicht zu sehen im Moment seiner eigenen Werbemaß­nahme. Der Brief schließt mit "Viel­leicht war ja diesmal was drin." War es, war es! Just jener Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Und wo es schon so herrlich plät­schert, da können wir uns nicht ent­halten, die Verkaufsorte der MINERVA anzugeben: IN ALLEN BUCHLÄDEN UND BESONDEREN KINOS ERHÄLTLICH. Kostenpunkt 3 DM.

 

Die Dokumentation dieser MedienMutationen im radiophonen SEKTOR BERLIN wurde abgedruckt in der MINERVA FLUGSCHRIFT exitus extra 1990.1. # KUNSTrausch war eine KULTURsendung bei RADIO 100 / NACHTFLUG der Sendeplatz für Hörspiele & features # gez. red.MINERVA