WAHNFRIEDs
Nachrichten aus den
Tiefemotionen des Blutschneidens. Heute kreuzten die Flakscheinwerfer nur so
durch die Luft. Soundssysteme. Scheinblumen. Loveparaden. Was für ein Gesabber
Gestammel Gerammel. Alter du redest nicht richtig. Schnitte im Wettbewerb. Die
Kandidaten singen Hymnen aus dem Krieg der Nerven und hetzen sich gegeneinander
auf. Aber das ist ein Tag zehn zwanzig Jahre. Seitdem hat sich alles verändert.
Seitdem ist alles subtiler geworden. Härter. Weicher. Undurchschaubarer.
Schatten Forscher sammeln Essenzen der Wirklichkeit gegen und für uns in
Gegenden phantomhafter Stille. In aufgeputschten Vororten fernweg weh von
Mülldeponien ausgelutschter Kondome. Als ob der Preis der Preise zu gewinnen
wäre. Als ob es Sieger oder Verlierer gäbe. Als ob alles verloren wäre. Darum
kurze Anfrage. Was ist das für ein Ort hier. Ist das ein Vorort der Toten. Ein
geheiligter Ort. Ein Abort. Dann müßte ganz schnell der Boden die Decke die
Wand desinfiziert werden und ausgebrannt. Das könnte unter Umständen Jahre
dauern. Das könnte unter Umständen das Ende bedeuten. Aber dann gingen wir
einfach nach Hause, legen uns schlafen und fingen morgen früh wieder an. Ruf an
die Grenze des Gehörs. Es rauschen die Blutströme in den Schlafadern. JEDER TOD
IST MORD. Feuerflammen lodern aus Lauten aus Häusern Lust Gewimmer Gestöhne.
Und Schreie sind Vorahnungen Ekstasen Poesie sind Schreie sind Poesie.
1991/94